#34c3, Besetzungen, CoCs, …

3 min readJan 1, 2018
Bild vom “Flauschkommando oder einer Hippie-Umarm-Delegation” bei der WHS-Standbesetzung

Der #34c3 ist zu Ende und ich glaube, wir müssen über ein paar Sachen reden. Wie vermutlich jede*r mittlerweile mitbekommen hat, haben wir von der Geheimorganisation mit einigen weiteren Menschen während des Kongresses den Stand der Wau-Holland-Stiftung besetzt, was dann in einem Dialog zwischen uns und der Stiftung endete. Die Geschichte zur Besetzung kann man auch noch mal hier nachlesen.

Bei den Diskussionen mit der Stiftung und vielen anderen Menschen auf dem Kongress stellte ich fest, dass es sehr große Unterschiede in der Wahrnehmung gibt, wie dieser Kongress so abläuft, was ein CoC ist, …. Was mich bei den Diskussionen positiv überraschte war, dass mir fast alle Menschen mit denen ich sprach, zustimmten, dass wir Probleme haben und herausfinden müssen, wie wir diese lösen.

Für die nächste Zeit habe ich mir daher vorgenommen, über einige der Argumente, warum Menschen keinen Code of Conduct wollen, zu schreiben und dabei vielleicht einigen Menschen die Angst vor einem solchen Regelwerk zu nehmen. Heute möchte ich aber erst mal damit anfangen, wie ich selbst zu meiner Meinung kam, dass uns ein CoC helfen kann.

Als ich vor einigen Jahren das erste Mal mit unserer Parallelwelt in Berührung kam, faszinierte mich, dass es bei uns augenscheinlich egal ist, wer man ist, wen man liebt, … sondern einfach alle ordentlich miteinander umgehen und coolen Krams zusammen machen.

Irgendwann wurde mir allerdings klar, dass es bei uns vielleicht gar nicht ganz so flauschig ist, wie es mir zuerst erschien. Dafür brauchte ich aus verschiedenen Gründen einige Jahre. Bei meinem ersten Congress (#28c3) waren ich und die meisten Menschen, mit denen ich da so rumhing, gerade so 16 Jahre alt und wir wurden von vielen älteren Hackern “beschützt”. Außerdem war ich damals noch nicht aware für viele Probleme, der Kongress war viel kleiner, und wie es in CCC-Kreisen heute noch immer ziemlich üblich ist, wurden Probleme vermutlich einfach nicht offen kommuniziert.

In den darauffolgenden Jahren wurden mir allerdings immer mehr Probleme im CCC-Umfeld bewusst. Ich erlebte selbst, was es bedeutet einer marginalisierten Gruppe anzugehören, erlebte innerhalb unserer Community deswegen Hass, Gewalt und Morddrohungen. Mir wurde klar, dass Dir in unserem Umfeld genau dieselbe Scheiße passieren kann, wie sonst überall in unserer Gesellschaft auch.

Ich wuchs neben dem CCC in anderen queeren und linken Gruppen auf, in denen Regelwerke wie ein Code of Conduct normal sind. Dort erlebte ich häufig, dass diese Regeln tatsächlich dazu beitrugen, dass ich mich sicherer fühlte und allen klar war, was OK ist und was nicht. Und es war klar was passiert, wenn jemand sich nicht an diese Regeln hält. Außerdem führten solche Regelwerke, wenn sie Minderheiten, denen ich selbst angehöre, explizit schützten, dazu, dass ich mich in diesen Gruppen willkommener fühlte.

Im letzten Jahr erlebte ich, was es für eine Person in einem CCC-Erfa-Vorstand bedeutet, wenn dieser trotz relativ klarer Sachlage ein Mitglied nicht aus dem Verein ausschließen kann. Dann wird mit Aussagen wie “es gibt ja keine rechtskräftige Verurteilung” oder “wir sind ja nur die Verwaltung, sowas muss das Plenum entscheiden” begründet, das einfach gar nichts passiert. Es ist aber einfach ziemlich unrealistisch und aus Sicht des Opferschutzes nicht tragbar, das sich ein Opfer von Übergriffen vor ein Vereinsplenum stellt und diesen den Vorfall schildert. Mit einem Regelwerk wie einem Code of Conduct könnten Vorstände ohne Hacks wie Paragrafen zu “vereinsschädigenden Verhalten” und nach relativ klaren Richtlinien Menschen aus unserer Gemeinschaft ausschließen, die sich eben nicht an unsere Regeln halten wollen.

In dem damaligen Fall und in zahlreichen weiteren Fällen, in anderen Erfas, passierte aber einfach gar nichts. Ich überlegte nach diesem Vorfall länger, ob ich mich komplett aus dem CCC zurückziehe oder ob ich versuchen sollte doch noch was an dieser Situation zu ändern. Irgendwie entschied ich mich dann, insbesondere weil ein guter Teil meines sozialen Umfelds im Club aktiv ist, doch noch mal was zu tun. So entstand letztes Jahr z. B. die diversity.geheim.org Kampagne oder dieses Jahr die Standbesetzung der WHS.

Ich habe tatsächlich, nachdem die Kampagne letztes Jahr zwar innerhalb meiner Filterblase positiv aufgenommen, darüber hinaus aber eher ignoriert wurde, nicht erwartet, dass wir dieses Jahr irgendwas erreichen würden. Ich hoffe, dass wir die nun losgetretene Diskussion mit allen beteiligten Gruppen weiterführen können und gemeinsame Lösungen für die Probleme in unserer Community finden.

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Lilith Wittmann
Lilith Wittmann

Written by Lilith Wittmann

“der Schwarze Block der Verwaltungsdigitalisierung” 🏳️‍🌈 https://de.wikipedia.org/wiki/Lilith_Wittmann

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